Ziel der akademischen Reitkunst ist die Wiederbelebung und Erhaltung der historischen Reitkunst. Höchste Ansprüche werden nicht nur an das Pferd, sondern auch an seinen Reiter gestellt. Harmonie von Bewegung und Geist, eins werden mit dem Pferd in perfekter Balance sind die angestrebten Ziele. Im Mittelpunkt steht immer das Pferd und nicht der Reiter oder die Dressur. Das Pferd wird seinen Veranlagungen entsprechend gefördert und soll schlussendlich einhändig auf blanker Kandare geritten werden. Nicht der Schwierigkeitsgrad bestimmter Übungen ist massgebend, sonder einzig am Grad der Übereinstimmung von Reiter und Pferd und deren sichtbaren Ausdruck.
Im 16. Jahrhundert (um 1550) wurde in der Renaissancezeit die erste Akademie von Frederico Grisone gegründet. Die Akademien bildeten die Schüler auch in anderen Disziplinen wie Sprachen, Philosophie und Kampfkünsten aus. Die Reitausbildung entschied zu dieser Zeit auch auf dem Schlachtfeld über Sieg oder Niederlage.
Der Wandel der Zeit führte die akademische Reitkunst weg von den Kampfschauplätzen in die eigentliche Freizeitreiterei und erlebte seinen Zenit.
Die Erkenntnisse und Studien der Meister haben bis heute nichts an Bedeutung verloren.
Sinn und Zweck heute:
Reitkunst findet unabhängig von einer bestimmten Reitweise statt. Ob klassische Dressur, im Gangpferdebereich oder im Westernreiten; die akademische Reitkunst kann in allen Disziplinen gelebt werden. Leichtigkeit in der Bewegung und eine Osmose von Reiter und Pferd werden angestrebt. Harmonie, Einklang und Leidenschaft, aber auch Gerechtigkeit dem Pferd gegenüber sind Werte die es zu pflegen gilt.
Heute haben wir das Glück, unsere Pferde in der Freizeit zu halten. Sie sind unsere Partner, mit denen wir hauptsächlich eine schöne Zeit verbringen wollen. Nichts desto trotz soll eine fundierte und pferdegerechte Ausbildung höchste Priorität geniessen.
Der Mensch der das Pferd als Reitpferd einsetzen möchte, muss ihm beibringen, die ihm auferlegte Last zu tragen. Der Weg führt über Bodenarbeit, Gymnastizierung, Biegung und Seitengänge. So wird Harmonie und Leichtigkeit in jeder Ausbildungsstufe erreicht.
Die akademische Reitkunst fordert auf, neues Wissen von der Reiterei über die Bewegung des Pferdes zu vergleichen und zu analysieren. Wissenschaftliche Ergebnisse sollen genauso beachtet werden wie altes und neues Wissen hinterfragt werden soll. Wir beschreiten einen Weg dern nicht den schnellen, kurzlebigen Erfolg verspricht, sondern beachten auch die Seitenpfade, nehmen uns Zeit Neues zu entdecken und hören nie auf zu lernen. Das ist der Weg der akademischen Reitkunst.
Grundlage jeglicher Gymnastizierung besteht in der individuellen Physiologie des Pferdes und seinen jeweiligen Charaktereigenschaften. Durch systematische und gymnastische Übungen wird das physische und psychische Wohlbefinden des Pferdes gefördert.
Die akademische Reitkunst sieht das Reiten als eine Kunst. Reiten ist Bewegungskunst, wie auch Ballett. Die Basis dieser Kunst ist die Gebrauchsreiterei – so dass die Kunst nicht künstlich wird.
(Bent Branderup)